Wie man sieht: JA! Wir sind gerade auf dem Weg nach Mugla, der südwestlichsten Provinz in der Türkei. Mit dabei ist wieder Jan auf seiner „Makamae“. Und die Briten Mike und Elaine auf ihrer „Spicy Lady“. Auf beiden Booten ist jeweils eine Bordkatze. Aber wir können das toppen: Wir haben das Dreigespann aus Hund, Katze und Maus an Bord.
Man kann sagen: Wir sind auf der Flucht. Auf der Flucht vor dem Lockdown.
Die Türkei ist mittlerweile tief rot. Die Coronazahlen sind hoch. Sehr hoch sogar. Überall. Wir haben gehört, dass die Regierung den Verkehr zwischen den Provinzen untersagen will. Und deshalb hauen wir schnell ab - nach Mugla, wo die schönsten Segelreviere der Türkei sind.
Mit den Corona-Bestimmungen in der Türkei ist es wie in Deutschland. Kaum einer steigt durch. Nur wenige Regel sind klar und gelten für alle. Für Touristen gelten sie beispielsweise gar nicht. Als „residents“ haben wir aber den gleichen Status wie die Türken.
Also nichts wie weg, Segel setzen und raus aus der Provinz Antalya, in der Kas liegt. Perfekt für uns, dass wir wieder ein Wetterfenster mit Wind aus Südost erwischen. Und noch etwas ist, wie fast immer: Wir haben kein Glück beim Fischen.
Verhungern müssen wir aber nicht. Auch wenn die Dilly-Dally nicht das schnellste Schiff der Flotte ist, rühmen wir uns, die beste Küche an Bord zu haben.
Am ersten Tag nehmen wir Kurs auf Gemiler, eine kleine Insel in der Nähe von Fethiye. Und beenden den Segeltag, nach mehr als 40 Meilen, mit einem Sundowner am Leuchtturm. Am nächsten Tag wartet die längste Etappe auf unsere „Flucht“ auf uns. 55 Seemeilen sind es von Gemiler, vorbei an Marmaris und Rhodos, nach Bozukkale. Der Wind ist perfekt. Mit durchschnittlich sieben Knoten düsen wir über das Meer - leider nicht auf dem direkten Weg. Vor Rhodos legt sich uns ein griechisches Kriegsschiff in den Weg, als wir deren Gewässer kreuzen wollen. Also müssen wir noch einmal einen kleinen Bogen fahren.
Als wir Bozukkale, eine kleine Bucht gegenüber von Rhodos erreicht haben, bekommen wir die Nachricht, dass wir alles richtig gemacht haben. Die Türkei hat die Grenzen zwischen den Provinzen dicht gemacht. Aber wir sind in Mugla, und können nun weiter entlang der Küste fahren. Nächster Stopp: Bozburun.
Mittlerweile ist es Freitag, der erste Weekend-Lockdown steht an. Und zudem ist starker Wind angesagt. Also entscheiden wir uns für eine kleine, sichere Bucht nördlich von Bozburun. Aber vorher erledigen wir noch einmal die Einkäufe für das lange Wochenende in der Bucht. Segeln ist für uns als „Residents“ verboten.
Nachdem wir noch versucht hatten, eine Delfinschule einzuholen, kommen wir wieder mal als letztes an. Nur Ismail, ein Freund aus Kas, kommt später zufällig in die Bucht. Der vorhergesagte Wind bleibt aus. Oder er kommt zumindest nicht in die Bucht. Und so haben wir einen herrlich entspannten ersten Lockdown-Tag.
Ein Highlight in der Bencik-Bucht ist ein kleiner Fluss, der tief in den Wald hineinführt. Wir dachten zumindest es ist ein Fluss, bis Wolfgang, ein Freund aus Bozburun, uns aufklärte. Es ist kein Fluss, sondern ein Kanal, den in der Antike clevere Kaufleute bauen wollten, um die lange Etappe um die Halbinsel von Datca abzukürzen, an deren Spitze das antike Knidos lag. Die beiden Seiten der Halbinsel trennt hier nur ein Kilometer. Zudem wehen am Kap von Knidos immer starke Winde, weshalb viele Schiffe bei ihrer Passage im Hafen der Stadt Schutz suchen mussten - und abgezockt wurden. Deshalb begannen sie den Kanal zu graben. Allerdings starben bei den Bauarbeiten viele Sklaven. Waren die Götter ihnen etwa nicht gesonnen? Die Kaufleute suchten Antwort beim bekannten Orakel von Delphi. In Knidos wusste man natürlich von der Anfrage, war schneller als die Kaufleute und bestach die weisen Herren in Delphi. Der Kanalbau, orakelte man in Delphi, stünde unter keinem guten Stern. Und so legten die Kaufleute das Projekt auf Eis.
Ein Lockdown-Wochenenede vor Anker ist also gar nicht mal so schlecht. Schließlich weiß man sich zu beschäftigen. Das wir an Land gehen können, hat einen guten Grund. Gassi gehen ist nämlich erlaubt. Auch während der Ausgangssperre. Danke Cingene!
(TEXT AUS VIDEO)
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