Zwischen "Träum weiter!" und "Dream on!", der englischen Ausgabe der kleinen Ausstiegerfibel, war es mal wieder an der Zeit, ein paar Tage zu segeln und Freunden aus Deutschland die Vorurteile über die Türkei zu nehmen. Mit an Bord diesmal mein ehemaliger Kollege von der Financial Times Deutschland Andreas Theyssen. Sechs Tage lykische Küste - und bis auf einen Tag immer guter Segelwind. Perfekt!
Die türkische Südküste ist voller toller Buchten. Eine reiht sich an die nächste, eine schöner als die andere, besonders im Golf von Fethiye. Doch zunächst wollten wir, von Kas kommend, in einer Bucht nahe Ölü Deniz, jener Lagune, die jahrelang jedes deutsche Reisebüro zierte, das Urlaub in der Türkei anbot, eine Nacht verbringen. Freunde schwärmten von einem Restaurant bei der kleinen Insel Gemiler. Doch als wir gegen 18 Uhr nach 55 Seemeilen auf der Kreuz dort ankamen, schwoiten schon diverse Yachten vor dem Insidertipp, der anscheinend keiner mehr war. Also fuhren wir in die nächste Bucht, in der uns ein ebenso freundlicher wie dicklicher junger Mann im Dinghi abfing. "Wollt Ihr Essen?" Wir nickten. Also signalisierte er uns, ihm zu folgen, bis er uns anwies den Anker fallen zu lassen. Freundlicherweise nahm er die Achterleine, düste zum Ufer, knotete sie um einen Stein, kam zurück, vergewisserte sich, wann wir essen wollten, um war ob der Tatsache, dass nur zwei Männer an Bord waren, etwas enttäuscht.
Das Lächeln kam aber schnell zurück, als er erwähnte, dass für seine Hilfe ein Trinkgeld doch sehr nett wäre und er seine Pranke durch die Reling steckte. Sollte er bekommen. Auch wenn diese Art der Hilfe ansonsten immer selbstverständlich war, zumal, wenn man im benachbarten Restaurant zu speisen gedenkt. Nachdem er den Schein eingesteckt hatte, zückte er sein Handy. "Wollt Ihr Party? Frauen? Kann ich besorgen. Aus Fethiye. Günstig!" Und schon scrollte er durch Bildergalerie und Fotos von vielen Frauen mit wenig Kleidungsstücken. Da wir zwar Appetit auf Fleisch aber keine Fleischeslust verspürten, lehnten wir dankend ab. Der junge Mann zog beleidigt von dannen.
Unisono zum Ploppen des Anlegebieres, zischte noch etwas anders. Die Achterleine. Der junge Mann hatte sie wohl etwas ungelenk befestigt. Und so musste sich das kühle Bier gedulden. Die Dilly-Dally musste erneut ausgerichtet und an Land verholt werden. Na gut. Nach einem herrlichen Segeltag sind kleine Unannehmlichkeiten erlaubt.
Das Restaurant, das durchaus als angeranzt bezeichnet werden kann, war ziemlich verwaist. Bis auf ein paar skandinavische Chartersegler, die zu späterer Stunde den halben Kühlschrank plünderten, und ein blauen Müllsack voller Bierdosen an Bord schleppten. Eine Karte gab es nicht, wozu auch, da der Wirt bei seiner Aufzählung mit Köfte begann und danach stoppte. Dazu, sagte er stolz, gäbe es Salat und Pommes. Nun denn, warum auch nicht. Der Salat war okay, die Köfte auch, die Biere waren kalt, was will das Herz mehr. Zudem war die Kulisse herrlich. Weiße Wolken krabbelten durch das Gebirge, die See glänzte in den letzten Sonnenstrahlen. Und es waren erstaunlich wenig Wespen da. Für mich ein ganz klarer Pluspunkt.
Noch während wir auf das Essen warteten, bemerkten wir, dass wir gar nicht nach dem Preis für das Essen gefragt haben. Ein Fehler? Ach was, diese ewige Skepsis ist ja auch typisch für Urlauber, winkten wir ab. Und wurden eine Stunde später bestraft. Wir wurden schon stutzig, als die gesamte Mannschaft die Köpfe zusammensteckte, nachdem wir nach der Rechnung gefragt hatten. Die Rechnung für vier Bier und zwei Köfte belief sich auf 380 Lira. Also rund 60 Euro. Etwas happig, wenn man bedenkt, dass man in den Restaurants in Kas ein herrliches Fischgericht für unter zehn Euro bekommt. Vorsichtshalber fragte ich nach, was denn Köfte kosten würden. Die Bedienung war überfordert. Fragte hastig bei unserem Koberer und seiner Familie nach, dann sagte sie, dass das "Menü" 120 Lira koste. 20 Euro.
Kurz befürchtete ich, dass im "Menü" vielleicht die angepriesenen Damen enthalten seien. Waren sie aber wohl nicht. Die Nacht verlief ruhig.
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