Fieser Farbangriff auf Dilly-Dally

Colin, mein Bootsnachbar, wiegt den Kopf von links nach rechts, als er auf dem Steg steht und auf meinen Rumpf starrt. „Jens, Du hast da einen riesigen Ölfleck!“, sagt er. Sein Blick ist besorgt. Große Ölflecken am Rumpf einer weißen Moody stimmen ihn traurig. Immerhin ist Colin Vize-Kommodore der Moody’s Owner Association. Da Briten bekanntlich zu Übertreibungen neigen, vermute ich einen kleinen schwarzen Punkt am Rumpf. Ich quäle mich aus meiner Liegeposition im Cockpit, trete hinaus aus dem Schatten meiner Bimini in die gleißende türkische Sonne, lehne mich gelangweilt über die Bordwand, um das Mal zu begutachten. Was ich sehe, entsetzt mich. Das Mal erinnert mich an Farbbeutelattacken wie ich sie aus der Mopo kannte, wenn wieder mal das Haus von Olaf Scholz in Altona beworfen wurde. 

 

Ich haste auf den Steg. Von der Seite betrachtet sieht die Sauerei noch viel größer aus. Irgendwer hat eine große Ladung Farbe oder Öl an den Rumpf geklatscht. Ein riesiger Fleck, etwa 30 Zentimeter über der Wasseroberfläche, der vom Zentrum der blinden Zerstörungswut über das halbe Schiff gestreut hat. Auch Colins Boot hat einige Tropfen und Striemen abbekommen. Und nahe des Hecks sieht es aus, als wenn ein zweiter Schuss auf die arme, wehrlose Dilly-Dally abgegeben worden wäre.

 

Was kann das sein? Aus Colins Boot können die Salven nicht abgefeuert worden sein. An dieser Stelle gibt es keine Auslassventile. In Windeseile schnappe ich mein neues SUP, hangele mich entlang der Heckleinen zu dem vermeintlichen Ölfleck. Die Erleichterung ist groß. Mit einem Lappen und reichlich Wasser lässt sich die schwarze Farbe relativ leicht vom Rumpf abwischen. Colin reicht mir eine Bürste. Ich befreie erst meinen Rumpf von der Farbe, dann den meines Nachbarn. Als ich zurück am Steg bin, beginnt die Analyse - die zu keinem Ergebnis kommt. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass jemand vom Steg aus die Farbe an den Rumpf geklatscht hat. Nur warum? Weder habe ich die Zeche in der Bar geprellt, noch irgendwen - zu Unrecht -  beleidigt. 

 

Während wir noch rätseln, kommt unser türkische Stegnachbar zu uns, der mit seiner Bavaria gegenüber von uns liegt. Er habe beobachtet, was passiert ist, morgens um halb sechs. Er sei schon wach gewesen, habe im Cockpit gesessen. Windstill sei es gewesen, ruhig, die Sonne bekämpfte noch das Dunkel der Nacht. Und dann war da diese….. diese Wasserschlacht. Es habe gespritzt und geschlagen. Er sei sofort aus dem Cockpit auf den Steg gesprungen und habe einen riesigen Schatten unter dem Steg wegschwimmen gesehen. Er breitet die Arme aus. Zwischen seinen Händen liegen gut anderthalb Meter. Und noch etwas habe er wegschwimmen sehen, geradewegs in die Tiefe, und es sei nicht kleiner als der gigantische Fisch gewesen. „Wahrscheinlich ein Octopus.“ 

 

Das vermeintliche Öl, der vermutete Farbbeutelwurf war anscheinend nichts anderes als der verzweifelte Überlebenskampf einen Tintenfisches, der zur Abwehr seinen Gegner einnebelte - und wohl eine kleine Zielschwäche hat. In jedem Fall werde ich heute Abend mal die Angel raushängen. Bei chefkoch.de habe ich schon mal nach entsprechenden Rezepten geschaut und - nur für den Fall - die frischen Zutaten beim Gemüsehändler besorgt. 

 

 

P.S. Nein, ich habe leider kein Foto von der Sauerei. Ganz entgegen meiner Natur hatte ich zunächst den vermeintlichen Schaden beseitigt. Blöd. 

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